Ich halte es für falsch, daß die sog. Classic-Regel verbindliche Klassenregel werden soll. Dies hat folgende Gründe:
1. Falsche Struktur
Die Klassenregeln des A-Cat sind eine in sich geschlossene Sammlung von Eigenschaften, die definieren, was ein A-Cat ist. Eine Hinzufügung von alternativen Regeln wie die der sog. Classic-rule ist von der Struktur der Regeln her so nicht möglich. Dazu müßte das gesamte Regelwerk überarbeitet werden und insbesondere geklärt werden in welchem Verhältnis diejenigen, die nach der Classic-Rule segeln, zur allgemeinen Klassenvereinigung stehen. M.E. müsste ein Mitglied der Klassenvereinigung sich erklären, welcher Fraktion er angehört. Sonst könnten am Ende die Classic-Segler Regeln erlassen, die das allgemeine A-Cat-Segeln (Foiling) betreffen und diesem evtl. massiv schaden. <
2. Es kann nur einen geben
Es werden jährlich Meisterschaften, nationale, wie internationale abgehalten. Fall WM: es kann nur EINEN Weltmeistertitel der A-Cat-Klasse geben. Bei der letzten WM in Weymouth wurde in der Segelpresse von zwei Weltmeistern gesprochen: "Andrew Landenberger and Mischa Heemskerk became the 2019 'A' Class cat World Champions on Friday at WPNSA in great style. Sailing in almost champagne sailing conditions of sun and 14-17 knot wind, the pair dominated their respective divisions with 8 bullets each in a superbly run regatta and under the control of David Campbell-James and his race team.“ (Gordon Upton on
www.sail-world.com am 01.09.19)
Die Nennung von Andrews Sieg in der Classic-Wertung sogar vor dem Sieg Mischas in der Foiling-Kategorie wird dem sportlichen Wert der beiden Siege nicht gerecht und hat eine unverstehbare Aussenwirkung. Um das „Wording" klarzustellen: es gibt EINE A-Class-Association. Wenn ich Weltmeister der A-Klasse werden will, dann muß ich mit einem Boot, das den Klassenregeln entspricht, alle anderen Teilnehmer dieser Weltmeisterschaft schlagen. Ob das Boot, mit dem ich das schaffe, foilt, skimmt oder nicht foilt spielt dabei keine Rolle. Ich muß besser sein als alle anderen. Das kann bei einer WM in Cesenatico bei 1 bis 3 Bft. auch ein 15 Jahre alter Nikita sein. Und der Segler, der das schafft, ist Weltmeister der A-Cat-Klasse.
3. Individuelle Wertungen
Wenn nun die Klassenvereinigung oder ein Auslober in Abstimmung mit der KV beschliesst, eine zusätzliche Wertung für Segler, bzw. Boote mit bestimmten Eigenschaften, z.B. solche, die beschlossen haben, nicht zu foilen, dann kann man das tun, so wie es eine Jugend-Wertung, eine Damen-Wertung, usw. geben kann. Voraussetzung ist, daß alle Boote in einem Feld gestartet werden.
4. Unwirksame technische Festlegungen
Die Frage, ob ein A-Cat foilen kann oder nicht, lässt sich durch die jetzt vorgeschlagenen Regeln nicht festmachen. Wäre dies so, wäre die No-Foiling-Regel überflüssig. Da sie jedoch nun zur Klassenregel gemacht werden soll, zeigt sich daß die technischen Limitierungen offensichtlich wirkungslos sind, bzw. so ausgelegt werden können, daß wiederum Schiffe eben doch foilen oder skimmen. Daß die Limitierung auf eine Flugzeit von 5-Längen den Offiziellen besser durchsetzbar scheint als ein „Gentlemans Agreement“ zeigt, zeugt von Realitätsferne: wer soll das überprüfen? Und welche Tricks mag man sich ausdenken: wie lange darf die Übergangsphase zwischen Schwimmen und Fliegen sein? Wenn ich noch mit den letzten 10 cm des Rumpfs im Wasser bin, zählt das schon zu den 5 Längen? Wie lange ist die Wiedereintauchphase? Kann ich einen Downwind-Stil entwickeln, der eine beliebige Zahl solcher 5-Längen-Abschnitte aneinanderhängt? Wer will sich damit als Segler oder Jury-Mitglied befassen?
5. Non-Foiling als lebbare Regel
Es kann für diejenigen unter uns, die auf das Fliegen in der Regatta verzichten wollen, nur eine Regel geben, die für jeden klar ist: nicht fliegen heißt nicht fliegen. Mit welchem Boot und welchen Anhängen ich nicht fliege, ist nicht wichtig. Jeder, auch ein Foiler, kann sein Boot so einstellen, daß das Boot nicht in die Luft steigt, bzw. er muß es so einstellen können, sonst kann er nicht an der Non-Foiling-Wertung teilnehmen. Um einen m.E. weit verbreiteten Irrtum auszuräumen: ein foilender A-Cat foilt nicht einfach so. Ich muß das Boot entsprechend einstellen und ich muß mich als Segler entsprechend körperlich einsetzen, damit mein Boot foilt. Daß es Situationen geben kann, in denen aufgrund von extremer Wind- oder Wellensituation, das Boot nicht mehr beliebig beherrschbar ist, ist klar. Das ist jedoch nicht die zu regelnde Problematik.
6. Entwicklungsstop?
Die Classic-Regeln sind wie ihr Name: sie schreiben den A-Cat auf einem Stand von vor etwa 8 Jahren fest. Dabei wäre gerade das Gegenteil wichtig: weiterdenken, probieren. Wer weiß denn, ob das Foilen tatsächlich den Höhepunkt der Entwicklung darstellt? Es ist nicht ausgemacht, ob nicht ein skimmender A-Cat (siehe Sandro) eines Tages schneller um die Tonnen kommt.
6. Miteinander in die Zukunft
Ich denke, daß Michael Mödlhammer die Situation ganz richtig beschreibt: die Leute segeln und haben Spaß dabei. Niemand interessiert sich für Regelspielchen. Und genau das sieht man auch bei der Mehrzahl der Regatten: wir segeln mit unterschiedlichsten Booten gegeneinander und jeder freut sich, wenn er auf seine Weise mal vorn ist. Deshalb, wenn gewünscht, eine zusätzliche Wertung mit klarer Non-Foiling-Regel und bei Meisterschaften EIN Meister. Dazu braucht niemand die jetzt vorgeschlagene Classic-Regelung
Marco GER21